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Macht mer, tuat mer, sött mer - Mindchange gefällig?

  • Autorenbild: Andrea
    Andrea
  • 23. Juli 2023
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 25. Juli 2023


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Was geht dir durch den Kopf, wenn dir jemand sagt: „Das macht mer eso“?


Nichts und du machst das so, weil „mer“ das einfach „tut“ oder fragst du dich wozu?



Mich nervt diese Aussage! Und wie! Dieser Satz klingt sowas von unreflektiert. Frage mich, wer diese:r „mer“ ist? Und warum „mer“ mir vorschreibt, wie ich mich verhalten soll und zu denken habe.

Das gibt mir zu denken!


Besonders fällt mir diese Haltung beim Geschenkmitbringen oder -erhalten auf.

„Hettsch doch nid müäsä“, höre ich das Gegenüber sagen. „Nei, aber weisch, han grad a eu denkt woni das gseh han“, kontere ich schnell.

Ehrlich gesagt ist es kein Wunder, dass wir an die Person denken müssen, wenn wir für sie etwas mitbringen wollen. Aber warum suche ich ein Geschenk, wenn ich auf Besuch gehe? Weil ich so erzogen wurde? Oder mein selbsterwähltes Umfeld mir das vorlebt? Oder weil ich mich für die Einladung bedanken will?

Gute Gründe dafür gibt‘s ganz bestimmt und auch ich bringe gerne mal was mit. Zum Beispiel ein Dankeschön für die Einladung.

Der Punkt, welcher mich dabei stört, ist der Gedanke, dass ich etwas mitbringen muss, weil das so gemacht wird.

Wenn der Gastgeber ausdrücklich sagt, bitte bringe nichts mit, dann bleibt bei mir manchmal ein komisches Gefühl zurück. Die Frage, ob die Gastgeber wirklich nichts wollen oder einfach nur aus Anstand sagen: „Nei, muäsch sicher nüt mitbringe. Chum eifach. Du langsch vorig“, lässt mir dann keine Ruhe.

In meinem näheren Umfeld fällt es mir leicht, nichts mitzubringen, denn da weiss ich auch genau, dass es wirklich so gemeint ist, dass ich genüge.

Es wurde mir nicht indoktriniert, dass „mer“ als Besucher:in etwas mitbringt. Aber als Kind hatte ich mir dies, bei vielen verschiedenen Leuten, abgeschaut. So wuchs ich im Glauben auf, dass auf Besuch gehen heisst, ein Geschenk mitzubringen.


Wie sieht es mit dem Nachtisch aus? Isst du diesen vor dem Hauptgang? Nein? Sollte man ja nicht. Oder? Naja, ernährungstechnisch gesehen, macht es Sinn, dass alles, was den Blutzucker hochjagt, nach dem Hauptgang gegessen wird. Dabei ist nicht nur der Blutzuckerspiegel ausgeglichener, sondern im Optimalfall wird dann auch weniger Süsses gegessen.

Aber mal ehrlich. Essen können wir alle den Nachtisch auch vor der Hauptspeise oder ganz ohne Hauptgang. Nicht? Wirklich? Was gibt‘s bei dir zum Frühstück? Vielleicht ein Stück Gumfibrot? Dies, ohne vorher eine Karotte oder ein Stück Gurke gegessen zu haben? Sozusagen Süsses zum Frühstück, ohne Hauptgang.


An der Beerdigung ein Trauermal offerieren. Tut man einfach.

Ah ja, wirklich?

Was ist, wenn das aus irgendwelchen Gründen nicht geht? Wenn das Flüssige fehlt, werden schon mal Leute wegen dem „das macht mer so“ in die Schuldenfalle getrieben.

Was ist, wenn ein solches Trauermal einfach nicht gewollt ist? Werden dann die Personen, welche sich dagegen entscheiden verurteilt? Wird hinter ihrem Rücken gelästert? Wo bleibt da die Individualität?


Im Einkaufsladen, wenn ein Gemüse schimmelt, mache ich das Personal darauf aufmerksam. Es könnte ja sein, dass jemand anderes dies nicht sieht und kauft oder der Schimmel auf weitere Gemüse übergeht. Meist werde ich mit den Worten: „Lass es! Die merken das schon selber,“ zurückgehalten. Neckisch frage ich zurück: „Ist es dir peinlich?“ Ein leises und beschämendes „Ja“ ist meist die Antwort. Aber warum ist uns sowas peinlich? Weil „mer“ das nicht macht? Weil ich jemanden kritisiere? Oder weil es überheblich ist? Bei solchen Aussagen kommt es meiner Meinung nach immer darauf an, wie ich kommuniziere. Zum Beispiel könnte ich sagen: „Sehen Sie denn nicht, dass das Gemüse schimmelt! Machen Sie gefälligst ihren Job richtig!“ Das kommt vermutlich nicht so gut an. Aber wie wär‘s mit: „Ich möchte Ihnen mitteilen, dass da ein schimmliges Gemüse liegt.“ Meist kommt darauf ein: „Oh, vielen Dank fürs Sagen.“


Dem Servicepersonal sagen, dass das Essen nicht schmeckt, trauen sich mittlerweile einige mehr, als noch zu Grosselternzeiten. Dazumal blieb man gerne „anständig“ und sagte, dass alles gut sei, auch wenn’s nicht stimmte. Warum eigentlich? Wenn‘s nicht stimmt? Früher galt es als ein gesittetes Verhalten, wenn ich nichts bemängelte. Wer sich so verhielt, hatte Anstand. Möglichst nicht auffallen und die andere Person nicht vor den Kopf stossen. Ein Grossteil dieses Verhaltens kommt vermutlich aus der Kriegszeit. Auf keinen Fall einen Krach provozieren, es könnte den Krieg verstärken oder neu auslösen. Das musste um jeden Preis verhindert werden, auch wenn ein noch so kleines Problem daraus entstehen würde. Dazu kommt, dass es damals auch wenig zu essen gab und man froh war, überhaupt etwas zu bekommen.

Diese Art von Höflichkeit gehörte in eine gute Erziehung.

Wie bereits erwähnt, macht es für mich persönlich einen grossen Unterschied, wie ich etwas anspreche. Wortwahl und Stimmlage können das Gesagte in ein total verschiedenes Licht bringen. Dabei spielt mein Herz, wie ich etwas meine, ohne es zu sagen, eine grosse Rolle. Denn wovon dein Herz voll ist, davon spricht der Mund.


Gerne gebe ich dir ein paar Fragen zum Nachdenken auf den Weg mit:

Was machst du, ohne vorher darüber nachgedacht zu haben?

Was macht für dich durchaus Sinn, es beizubehalten? Und wieso?

Was denkst du, macht keinen Sinn?

Was machst du nicht, weil „mer“ es unterlassen sollte?


Folgender Gedanke hilft mir beim Beantworten der obenstehenden Fragen:

Cha mer, mues mer aber nid!

2 Comments


Guest
Jul 23, 2023

*Will mer das ebä so macht.* Es ist gut, darüber nachzudenken, wann etwas Usanz ist oder wann mit Herz gehandelt wird. Viel persönlicher scheint mir, wenn man/frau nach einer Einladung eine Karte schickt mit einem kreativen Gedanken, Bezug nimmt auf das gemeinsame Essen, das Gespräch, das Erlebte. Es kann ein spezielles Salz vorbei bringen sein, weil wir über das Salzen von Teigwaren geredet haben, ein Zeitungsartikel über eine Ausstellung, weil der Name der Künstlerin gefallen ist, ein Handcreme in den Briefkasten legen, weil die Gastgeberin über das Spargelschälen sprach... ein Dankeschön, das fast nichts kostet, jedoch Bezug nimmt auf die gemeinsam erlebte Zeit. Das ist herzlicher als ein rasch gekauftes Dessert. Oder man kann es auch einfach sein lassen und…

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Andrea
Andrea
Jul 26, 2023
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Vielen Dank für den wertvollen Input.

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